Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist! (Lukas 6,36)

Wenn Kritik zerstört

Neues Jahr, neue Chancen. Daraus, was im vergangenen Jahr nicht so gut gelaufen ist, können wir lernen. Wenn ich auf 2020 zurückblicke, fällt mir auf, dass Kritik die allgemeine Stimmung im Land geprägt hat – vor allem seit Mitte März. Als Anfang März die erschreckenden Bilder aus Italien kamen, und die Schließungen noch nicht beschlossen waren, gab es Kritik, wieso man sich zögert, wieso Eltern immer noch Kinder in die Schule schicken sollen, wenn es so gefährlich ist. Als es dann ernst wurde kam die Kritik: wieso nimmt die Regierung die Bildung den Kindern und Jugendlichen und wieso sollen die Eltern die Kinderbetreuung allein stemmen. Die Schulen wurden kritisiert, weil sie angeblich zu wenig Videounterricht machen. Dann wurden sie kritisiert, dass wegen so viel Videounterricht die Kinder nur noch vor dem Bildschirm hocken. Es gab entweder zu viel oder zu wenig Aufgaben, Schulen und Kindergarten wurden entweder zu früh aufgesperrt oder zu spät. Allen recht zu machen war einfach unmöglich. Dieselbe Geschichte war mit der Maske und mit der Testung. Ohne ist es schlecht und mit ebenfalls. Wenn man Testungen selber zahlen muss, ist es schlecht und wenn es aus Steuer finanziert ist, dann ist es Verschwendung und eh sinnlos.

Jede und jeder kann natürlich diesen oder jenen Standpunkt in diesen Fragen haben, selbstverständlich unterscheiden sich unsere Standpunkte je nach unserer persönlichen Situation. Was aber uns alle betroffen hat, war eben diese Stimmung der allgemeinen Unzufriedenheit. Unzufrieden zu sein kann einen positiv antreiben und hat so einen berechtigten Platz im Leben. Doch wenn Unzufriedenheit Übermaß nimmt, ist sie nicht mehr motivierend, sondern destruktiv.

Barmherzigkeit heilt

Gegen die destruktiven Unzufriedenheit gibt es einige Gegenmittel. Eines von ihnen ist Barmherzigkeit.

Wer barmherzig ist, sieht ein, dass niemand perfekt ist und es keine für alle Menschen gleich perfekte Lösung für ein Problem existiert.

Wer barmherzig ist, sucht nicht danach, wo noch ein versteckter Fehler zu finden ist, sondern freut sich über alle Teillösungen, die schon richtig und gut sind.

Wer barmherzig ist, hat Mitgefühl und verhält sich empathisch dem Anderen gegenüber, weil er weiß, auch er hat mal die falsche Entscheidung getroffen oder den falschen Schritt gemacht.

Wer barmherzig ist, wertschätzt die geleistete Arbeit auch, wenn sie nicht 100% ist. Er sieht natürlich trotzdem, wo noch Luft nach oben ist. Nicht, dass man dann blind ist oder durch die rosarote Brille schaut. Kritisieren ist ja trotzdem erlaubt, aber mit Maß und Einsicht.

Wer barmherzig ist, platziert sich selbst nicht über all die anderen Menschen, und sucht keine Ausrede, warum diese Anderen keine Hilfe verdienen.

Die Aufzählung können Sie sicher auch weiter ergänzen. Barmherzigkeit kann je nach Situation so viel bedeuten! Im Lukasevangelium, wo die Jahreslosung für 2021 zu finden ist, geht es vor allem um die moralische Verurteilung von den Mitmenschen, vom sprichwörtlichen Splittersuche im Auge des Anderen. Fällt Ihnen eine Geschichte dazu ein, wo Sie Opfer von der Splittersuche waren? Und eine, wo Sie nach Splitter gesucht haben?

Wir haben Einfluss, wie das Jahr 2021 wird

Wie das Jahr 2021 wird, hängt von vielen Dingen ab, worauf wir wenig Einfluss haben. Ob die Pandemie bekämpft werden kann? Ob wir und unsere Familie gesundheitlich und finanziell verschont bleiben? Das liegt nicht gänzlich in unseren Händen. Es gibt aber einen Bereich, auf den wir sehr wohl Einfluss haben, und das ist unsere Einstellung gegenüber unseren Mitmenschen und uns selbst. Barmherzigkeit wäre eine Einstellung, die zwar nicht alle Probleme löst, aber das Wohlbefinden steigern kann. Erstens im Menschen, der barmherzig ist, weil er dann automatisch nicht nur das Schlechte, das Mangelhafte im Leben entdeckt, sondern auch das, was wertvoll ist. Und das stimmt einen meistens schon mal dankbarer und fröhlicher. Und zweitens steigert Barmherzigkeit das Wohlbefinden in der Person, die Barmherzigkeit empfängt, weil sie dadurch ermutigt wird und motiviert weitermachen, sich weiterentwickeln kann. Aus Barmherzigkeit profitieren so langfristig alle.

Wo kommt Barmherzigkeit her?

Der Evangelist Lukas meint, wir können barmherzig sein, weil Gott uns gegenüber barmherzig war. Wir müssen also nicht die Ersten sein, die mit Barmherzigkeit anfangen, sondern wir können sie weitergeben. Gott schaut uns mit Liebe an, schimpft nicht ständig über unsere Fehler mit uns, sondern im Gegenteil, er wertschätzt uns. Weil wir dieses gute Gefühl des Angenommenwerdens kennen, können wir barmherzig mit anderen sein. Klingt trotzdem schwer? Kann sein, aber ein bisschen Herausforderung darf am Anfang eines Jahres schon sein. Und wenn es nur manchmal gelingt, barmherzig zu handeln, wird unser Jahr schon viel besser und glücklicher als ohne Barmherzigkeit. Ein frohes neues Jahr!

 

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