Zünden Sie die erste und die zweite Kerze am Adventkranz an. Sie können dabei singen:
Wir sagen euch an den lieben Advent.
Sehet, die erste Kerze brennt.
Wir sagen euch an eine heilige Zeit.
Machet dem Herrn den Weg bereit!
Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr,
schon ist nahe der Herr.
Wir sagen euch an den lieben Advent.
Sehet, die zweite Kerze brennt.
So nehmet euch eins um das andere an,
wie auch der Herr an uns getan.
Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr,
schon ist nahe der Herr.
Ein Gedicht als Gebet:
Wir harren, Christ, in dunkler Zeit;
gib deinen Stern uns zum Geleit
auf winterlichem Feld.
Du kamest sonst doch Jahr um Jahr;
nimm heut auch unserer Armut wahr
in der verworrenen Welt.
Es geht uns nicht um bunten Traum
von Kinderlust und Lichterbaum;
wir bitten, blick uns an
und laß uns schaun dein Angesicht,
drin jedermann, was ihm gebricht,
gar leicht verschmelzen kann.
(Rudolf Alexander Schröder)
Biblische Lesung aus Jakobus 5,7-8:
So seid nun geduldig, Brüder und Schwestern, bis zum Kommen des Herrn. Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe.
Liebe Gemeinde,
Falls das Jahr 2020 mir irgendwas beigebracht hat, ist es geduldig zu sein. Nur die paar Wochen oder Monate aushalten, dann wird es besser. Darauf zu schauen, was wirklich wichtig ist, und alles andere dessen unterordnen und dabei geduldig bleiben. Das Gehemmtsein auszuhalten, sich nicht an Plänen und Wünschen festzuhalten und geduldig sein – darum geht es dieses Jahr. Alles geht vorbei, die Einschränkungen dauern nicht ewig, irgendwann kommt wieder die so sehr ersehnte Zeit der Normalität.
Geduld ist etwas, was nicht angeboren ist. Das Baby kann nicht geduldig sein, wenn es gestillt werden will oder friert oder einfach nur Mama und Papa braucht. Es will die Zuwendung gleich, sofort. Auch im Kindergartenalter ist das Warten noch nicht so leicht, wenn es um Dinge oder Eregnisse geht, worauf sich das Kind freut.
Geduldig zu sein heißt, innerlich Erwachsen geworden zu sein. Geduld braucht die Zuversicht, dass das Erwartete wirklich passiert. Und diese Zuversicht wächst aus guten Erfahrungen. Daraus, wenn ich einmal nach einer anstrengenden Wanderung berauf oben ankomme und das Panorama bewundern kann. Dann sage ich, es hat sich gelohnt, mich anzustrengen. Zuversicht wächst, wenn ich weiß, dass Verletzungen wieder von selbst heilen und auch Schmerz verschwindet oder zumindest gelindert wird mit der Zeit. Zuversicht wächst daraus, dass ich in kleinen und alltäglichen Dingen Wartezeiten habe, bis das Ersehnte eintritt: Geburtstag, Weihnachten, der Urlaub bei der Oma, das Ende des Schuljahres, all diese kleinen Dinge. Das Unbequeme, das nicht Perfekte dauert nicht ewig.
Diese Ahnung war schon immer in den Menschen und in der Zeit, als der Jakobusbrief geschrieben wurde, war die Erwartung in der christlichen Gemeinde sehr stark, dass das Ende der Welt bald vor der Tür steht. Damit wurde die Hoffnung verbunden, dass dann jede Ungerechtigkeit der Welt ausgeglichen wird: die Bösen bekommen ihre Strafe und die Guten ihren Lohn. In dieser Situation hat es geheißen: Seid nun geduldig und stärkt eure Herzen. Der Herr ist nah.
Geduld und starke Herzen können wir auch heute brauchen – auch wenn das, was die meisten Menschen heute trösten würde, nicht ein strenges Gericht ist.
Was uns beim Warten in Zuversicht helfen kann? Ein Rückblick auf das, was wir Gutes schon erlebt haben. Sogar Geschichten aus der Familie, die von Generation zu Generation weitergegeben werden, können uns helfen zu hoffen, dass am Ende alles gut wird und Geduld sich auszahlt. Wann habe ich erlebt, dass in einer hoffnungslosen Situation doch Hilfe kam? Wie war es nochmal, als eine negative Serie von Lebensereignissen doch zu Ende kam und plötzlich gut geworden ist? Wie habe ich Mut gefasst, wie hat meine Familie schon mal aus Konflikte doch rausgekommen, wie haben wir ein unerwartetes Geschenk vom Leben bekommen? Wann habe ich als ich ganz tief war, doch die Nähe von Gott gespürt? All diese Erfahrungen können helfen, geduldig zu sein und das, was im Moment schwer ist, noch ein wenig auszuhalten.
Nehmen Sie sich Zeit, darüber miteinander auszutauschen, wenn Sie im Familienkreis sind. Oder denken Sie einige Minuten darüber jetzt allein nach.
Sich auf Weihnachten innerlich vorzubereiten werden wir dieses Jahr nicht beim Punschstand und am Christkindlmarkt machen können. Aber gerade wenn dieses Gefühl des Vermissens in uns ist, dann sind wir in der wirklichen Adventstimmung. Advent ist ja nicht die Zeit der Fülle, sondern des Vermissens. Das, was uns gut tut, das was die Welt vollständig macht, ist noch nicht da. Die Lücke wartet darauf gefüllt zu werden. Und wir warten gemeinsam auf Erfüllung und Erlösung.
Amen
Fürbittengebet
Gott, du siehst, was alles fehlt und uns unzufreiden macht. Du siehst, wo auf der Welt überall Risse und Lücken am Teppich der Gerechtigkeit sind. Komm, und mach uns und die Welt wieder gesund und vollständig!
Schau auf die, die Hunger haben und frieren. Auf die, die nicht mehr hoffen können. Auf die, die sich um ihre Gesundheit kämpfen und an die, die sich Sorgen machen um die Gesundheit von Familie und Freunde.
Schau auf die, die kaum noch schlafen können vom Stress, von der drückenden Verantwortung, von der Überlastung.
Schau auf uns alle, damit wir unseren Glauben und die Zuversicht nicht verlieren, sondern viel mehr an andere weitergeben können.
Schau auf uns und schenke uns das, was uns am meisten fehlt.
Vaterunser
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen
Mögest du immer, auch in der Stunde der Sorgen, die Lerche singen hören!
(Irischer Segen)
„Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte dein Leben. Der Herr behüte deinen Eingang und Ausgang von nun an bis in Ewigkeit.“ (Psalm 121)
Einen schönen und besinnlichen Advent wünscht: Ihre Pfarrerin Adél Dávid