Am letzten Sonntag vor Advent gedenken wir in der Gemeinde die Menschen, die im vergangenen Jahr verstorben sind. Heuer ist es nur zu Hause möglich, nicht in der Gemeinschaft. Dazu sollen diese Impulse, Gebete und Gedanken Hilfe leisten.
Zu Beginn können Sie eine Kerze anzünden und dabei sprechen:
Wir sind hier im Namen des Vaters des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Psalmgebet
Meine Seele ist Stille zu Gott, der mir hilft,
denn er ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz,
dass ich gewiss nicht wanken werde.
Bei Gott ist mein Heil und meine Ehre,
der Fels meiner Stärke,
meine Zuversicht ist bei Gott.
Hoffet auf ihn alle Zeit, liebe Leute,
schüttet euer Herz vor ihm aus;
Gott ist unsere Zuversicht. Amen.
Lesung aus dem 1. Korintherbrief, Kapitel 12
Denn wie der Leib einer ist und hat doch viele Glieder, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind: so auch Christus. Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt. Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. Wenn nun der Fuß spräche: Ich bin keine Hand, darum gehöre ich nicht zum Leib!, gehört er deshalb etwa nicht zum Leib? Und wenn das Ohr spräche: Ich bin kein Auge, darum gehöre ich nicht zum Leib!, gehört es deshalb etwa nicht zum Leib? Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo bliebe das Gehör? Wenn er ganz Gehör wäre, wo bliebe der Geruch? Nun aber hat Gott die Glieder eingesetzt, ein jedes von ihnen im Leib, so wie er gewollt hat. Wenn aber alle Glieder ein Glied wären, wo bliebe der Leib? Nun aber sind es viele Glieder, aber der Leib ist einer. Das Auge kann nicht sagen zu der Hand: Ich brauche dich nicht; oder wiederum das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht. Vielmehr sind die Glieder des Leibes, die uns schwächer erscheinen, die nötigsten; und die uns weniger ehrbar erscheinen, die umkleiden wir mit besonderer Ehre; und die wenig ansehnlich sind, haben bei uns besonderes Ansehen; denn was an uns ansehnlich ist, bedarf dessen nicht. Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dem geringeren Glied höhere Ehre gegeben, auf dass im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder einträchtig füreinander sorgen. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ein Glied.
Paulus hat das Bild des Körpers für die Gemeinde gebraucht: so sehr, wie die einzelnen Glieder des Körpers aufeinander angewiesen sind, sind wir, die Mitglieder der Gemeinde auch aufeinander angewiesen. Jede einzelne Person ist wichtig, und zwar gleich wichtig. Dieses Bild gilt aber nicht nur für die christliche Gemeinde, sondern für jede Art von Gemeinschaft, auch für die Familie.
Wenn jemand stirbt, dann ist es so, als würde ein Körperteil plötzlich fehlen. Nicht nur denen tut dieses Fehlen weh, die ganz nah der Person gestanden sind. Alle spüren irgendwie, dass der Körper der Familie nicht vollständig ist. Jede einzelne Person bringt etwas anderes in die Dynamik der Familie ein, jede einzelne Person hat eine Rolle im Gefüge des Familienlebens. Das müssen nicht einmal positive Rollen sein. Auch der Ewige Kritiker oder der Hoffnungslose Pessimist gehört zu der Familie, gestaltet das Leben mit und mit seinem Tod verschwindet etwas Wichtiges aus der Familie. (Und wenn wir ganz ehrlich sind, niemand hat nur positive Rollen in der Familie.)
Wenn jemand stirbt, bleibt eine Rolle, eine Funktion in der Familie unbesetzt.
In meiner Herkunftsfamilie war der Tod meiner Oma mütterlicherseits so ein schwerer Einschnitt. Sie war nämlich diejenige, die die Großfamilie zusammengehalten hat. Sie hat die großen Familienfeste ausgerichtet, sie hat immer wieder Teile der Großfamilie zu sich eingeladen, immer so, dass auch Menschen zusammenkommen, die von sich aus nie ein Treffen miteinander organisiert hätten. Sie hatte keine besonders große Wohnung, die Küche war sogar ausgesprochen klein, und trotzdem hat sie – keine Ahnung, wie – uns mit fantastischen Gerichten verwöhnt, mit Kuchen und Torten und Keksen ohne Ende. Sie war die Seele und auch die Hand unserer Großfamilie. Nach ihrem Tod ist uns Jahre später erst aufgefallen, dass seitdem die Feste fast unsichtbar geworden sind. Niemand hat ihre Rolle übernommen. Ich denke, wir haben alle gar nicht daran gedacht, dass jemand fähig wäre diese Aufgabe auf sich zu nehmen und auch nur halb so gut zu machen, wie sie.
Ein wichtiger Schritt im Trauerprozess war, als wir angefangen haben, dieses Fehlen zu benennen und die Lücke zu füllen. Klar geht es nicht eins zu eins. Es wird niemals jemand genauso sein, wie die Person, die nicht mehr bei uns ist. Aber wenn die Familie einmal ausspricht, was alles die verstorbene Person für sie bedeutet hat und wie sie die Familie bereichert hat, dann ist es zuerst mal eine Anerkennung und Haltung des Dankes. Und wenn die Familie sich neue Wege findet, wie die positive Rolle des Verstorbenen übernommen werden kann, dann ist es auch eine Heilung für die Familie. Die Rollen werden so neu verteilt, und meistens kann niemand all das übernehmen, was das fehlende Familienmitglied gemacht hat. Aber wenn viele ein wenig übernehmen, dann tragen diese viele das Gedächtnis der verstorbenen Person weiter.
Das geht nicht von heute auf morgen. So ein Heilungsprozess kann Jahre dauern. Abschied zu nehmen und die Familie ohne die verstorbene Person neu zu definieren bedeutet viele kleine Schritte miteinander. Es ist aber ein Weg, der Ruhe und Freude den Lebenden bringt.
Als Christen und Christinnen glauben wir daran, dass die Verstorbenen bei Gott in Sicherheit und gut aufgehoben sind. Um sie müssen wir uns nicht mehr besorgt sein. Aber das Leben ohne sie ist nicht immer einfach. Das Leben muss neu gelernt werden.
Erinnerungen teilen
Wenn Sie wollen, zünden Sie eine Kerze für die verstorbene(n) Person(en) an, die sie heute am meisten vermissen. Schauen Sie sich alte Fotos an und erzählen Sie einander Geschichten, über die Person(en). Was war schön damals? Und was war schwer? Wie hat er/sie das Familienleben geprägt? Teilen Sie Erinnerungen miteinander!
Was würde ihn/sie freuen an der gegenwärtigen Familie, wenn sie heute noch leben würde? Was würde er/sie anders wünschen oder kritisieren? Was wollen wir, die jetzt Lebenden davon weiter in die Zukunft mitnehmen, was ihm/ihr wichtig war? Was wollen wir bewusst nicht mehr mitnehmen?
Nehmen Sie so viel Zeit für dieses Gespräch oder Erinnern, wie es Ihnen angenehm ist.
Wenn Sie wollen, können Sie beten:
Gott, ich danke dir für alles, was X. mir und unserer Familie in seinem/ihrem Leben bedeutet und geschenkt hat. Ich vermisse ihn/sie immer noch. Doch weiß ich, dass er/sie bei dir in guten Händen ist. Hilf mir und der Familie, so zu leben, dass auch wir einander Freude bereiten und das Leben schöner machen. Schenke uns Glaube, Hoffnung und Liebe! Amen.
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen
Es segne uns der barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen